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#22 – Giftiger Sandsturm

SpotBeat Family Podcast
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#22 - Giftiger Sandsturm
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Das Wetter aktuell ist mal so richtig scheiße. Was könnte man da also sinnvolleres tun, als die nächste Podcast Folge aufzunehmen? Passend dazu habe ich eine Anekdote von Vica, die Yoga unterrichtet und gelegentlich Fotos auf Instagram postet. Sie hat unter einem ihrer Beiträge ein Kommentar gefunden, der inhaltlich ungefähr so lautet:

Hey nettes Bild. Und der Sepia-Filter – einfach klasse.

Sepia ist ein Farbton, den du von alten schwarz-weiß Fotos aus dem letzten Jahrhundert kennst. Bloß dass sie nicht mehr ganz so schwarz und weiß sind. Durch UV-Strahlung färbt sich Schwarz nämlich zu Braun und Weiß zu Gelb. Und dadurch kommt dieser Sepia-Effekt zu Stande.

Was derjenige, der das Kommentar gepostet hat, nicht wusste ist, dass Vica draußen einfach nur ein Selfie geschossen hat. Und zwar in einem Sandsturm.

Willkommen zu der 22. Folge des SpotBeat Family Podcasts. Mein Name ist Sergej.

Aktuell stehen wir zum vierten Mal in La Fabrica. Das ist ein privater Stellplatz in Dolores, in den wir uns irgendwie verknallt haben. Hier haben wir nicht nur Internet über Glasfaser, selbst gezüchtetes Gemüse und eigene Hühner, sondern viele – man könnte sagen – alternative Menschen.

Interessant finde ich die Leute hier, weil jeder von Ihnen eine eigene ungewöhnliche Geschichte zu erzählen hat. Und das fängt schon bei den Eigentümern von La Fabrica an.

Michael beispielsweise hat Paintball in die Schweiz gebracht. Wurde damit erfolgreich, erlitt einen Burnout, hat anschließend alles Verkauft und ist in Dolores gelandet, um Abstand zu gewinnen. Morgen fliegt er nach Thailand, wo er Land besitzt und eine Villa drauf gebaut hat.

He, das geht?

Ja wusste ich auch nicht. Ich dachte immer, dass man als Ausländer in Ländern wie Indonesien, Thailand und China einen Einheimischen heiraten muss, um an Land zu kommen. Aber Menschen mit Kontakten haben Zugang zu anderen Menschen mit Kontakten, die Dinge möglich machen, die für den Durchschnitts-Touristen unmöglich sind. Beziehungen sind alles.

Kontakte sind es auch, die Jonathan – der zweite Eigentümer von La Fabrica – mit in die Geschäftsbeziehung der beiden gebracht hat. Er kennt praktisch jeden hier in der Umgebung und genau deshalb dürfen wir heute hier stehen.

Eine Campingplatzlizenz in Spanien ist nämlich ein Ding der Unmöglichkeit. Erst recht für einen Ausländer. La Fabrica ist aber gar kein Camping- oder Stellplatz. Es ist ein Veranstaltungsort, an dem Events stattfinden. Ein Veranstaltungszentrum. Hier ein kleiner Auszug:

  • Weinverkostung lokaler Bioweinerzeuger
  • Grillfeste hier ansässiger Bauern, die ihre Ernte Feiern
  • Workshops, in denen Eisen geschmiedet und Gin gebrannt wird
  • Konzerte und Livemusik
  • usw.

Und der Platz an dem wir hier stehen ist nicht etwa ein Stellplatz für Wohnmobile, sondern ein Parkplatz. Und zwar ein Parkplatz für Besucher der hier angebotenen Veranstaltungen. Man muss die Dinge einfach nur anders definieren und schon eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten.

Hey sag ma, was ist wenn wir das Wort Pandemie umdefinieren und die hohe Sterblichkeit als Teil der Definition weglassen? Da eröffnen sich doch auch ganz neue Möglichkeiten…

Ok, weiter im Thema. Dass wir hier stehen hat aber auch noch einen anderen Grund. Denn die letzten Wochen ist das Wetter bei uns einfach nur schlecht.

Wetter hat einen direkten Einfluss auf Camping-Laune. Ist das Wetter schlecht, macht das Leben in einem Wohnmobil keinen Spaß. Einwach weil der Platz fehlt. Hier in La Fabrica können wir Gemeinschaftsräume nutzen, weshalb wir uns hier wohl fühlen.

Zwischen Oktober und Januar hatten wir vier Monate Sonnenschein, der gelegentlich von kleinen Schauern unterbrochen wurde. Seit Mitte Februar hat sich die Wetterlage allerdings deutlich verschlechtert. Mehr Regen als Sonne, gelegentlich starker Wind und jetzt kam auch noch ein Sandsturm dazu. Vielleicht gibt es in Südspanien dann doch so etwas wie eine Regenzeit. Und wenn ja, dann sind wir wohl mittendrin.

Sandstürme kenne ich persönlich nur aus Filmen. Ich dachte die kommen als Wellen, rollen über ne Stadt und bedecken alles und jeden mit einer Schicht aus Sand. Nach einer Stunde klettert man raus, klopft sich den Staub von seinen Klamotten runter und fegt die Einfahrt.

Der Sandsturm hier ist irgendwie anders. Auf den Satellitenbildern sah ich eine Wolke, die sich von Nordafrika über das Mittelmehr nach Südspanien erstreckt. Eine Wolke mit einem Durchmesser von mehr als 600km.

Alles begann am Montag. Meine Frau und ich standen wie immer mit einer Tasse Kaffe am Strand und sahen dem Sonnenaufgang zu.

Ja, was denn sonst.

Am Horizon bauten sich dicke Wolken auf, die bedrohlich, aber nicht ungewöhnlich aussahen. Die Wettervorhersage kündigte Regen an, also packten wir unsere Sachen und fuhren zu einem Campingplatz mit einem beheiztem Indoor-Pool. Wir hatten eine Strecke von knapp einer Stunde und merkten beim Fahren, dass der Himmel sich komisch färbte.

Es war so, als ob wir durch Nebel oder Smog fuhren. Die ganze Umgebung wurde irgendwie milchig und die Sichtweite wurde kürzer. Aber es gab keinen Staub oder so. Nur einen komischen Geruch, den ich nicht wirklich definieren kann.

So etwas hab ich zum ersten Mal in meinem Leben gesehen. Der Himmel leuchtete regelrecht, da war also irgendwo die Sonne und alles um uns herum war rotbraun gefärbt. Es war wie auf dem Mars. Eine milchige, rotbraune Atmosphäre.

Als wir beim Campingplatz ankamen, gingen die Windböen los. Das Wohnmobil wackelte wie bekloppt und wir erwarteten jeden Augenblick einen Hüllenbruch. Der Sturm dauerte einen Tag, flachte dann ab und ging am nächsten Abend genauso weiter.

Und noch was. Es wurde schlagartig wärmer. Wenn ich morgens aufstehe und auf das Thermometer schaue, dann sehe ich selten mehr als 10°. Aber nach dieser Nacht zeigte das Thermometer um sechs Uhr Morgens ganze 20° an. Und am zweiten Tag kam auch noch Regen dazu.

Ja, aber einer, bei dem ich nicht gerade meine Zunge ausstrecken würde.

Was da runter kam, kann man eigentlich nicht mehr als Wasser bezeichnen. Unser Wohnmobil sah aus, wie eine Crossmaschine nach einer Runde Spaß durch Schlamm. Die Spanier kennen dieses Phänomen bereits, aber für uns war das mal eine ganz neue Erfahrung.

Passend dazu gab es online einen Artikel Über die Legende vom Sahara-Staub, in dem dem folgendes Stand:

Phänomen erst seit gut 15 Jahren zu beobachten

Der Schwebestaub, der aus Afrika z.B. nach Spanien gelangt, enthält aufgrund der Industrialisierung des Maghreb auch Spuren von chemischen Schadstoffen, darunter radioaktive Isotope. Zwei wissenschaftliche Teams aus Spanien und Frankreich haben dieses Phänomen untersucht.

In den Fällen jedoch in denen der staubige Wind auf Partikel trifft, die von der industriellen Tätigkeit von Wärmekraftwerken, in denen Kohle verbrannt wird, oder von Ölraffinerien in Tunesien, Algerien oder Marokko stammen, wird die Zusammensetzung bedenklich.

Wenn der Dunst aus einer der wichtigsten Industrien Nordafrikas stammt, enthält er Spuren von Brom, Chrom, Nickel, Zink und Zirkonium.

https://unser-mitteleuropa.com/ueber-die-legende-vom-sahara-staub/

Mhh. Die Forscher haben die Partikel also analysiert und herausgefunden, dass da eine ganze Zeugs rüberkommt, das eigentlich nicht in die Menschliche Lunge gehört. Sie vermuten, dass der Mist, der in Nordafrika in die Luft geblasen wird, per Windkurier nach Spanien und Frankreich getragen wird. Und die radioaktiven Isotope stammen vermutlich aus Algerien. Dort haben die Franzosen in 1960 Jahren nämlich ein paar Atombomben getestet.

Bis auf diesen merkwürdigen Sandsturm hatten wir die letzten zwei Wochen aber eine Menge Spaß. Erich und Ela – unsere Freunde aus Deutschland – sind endlich zu uns gestoßen, was wir natürlich kräftig gefeiert haben. Genau hier, in La Fabrica. Zusammen mit Anja und Steve hatten wir auf dem Stellplatz ein Lagerfeuer angezündet und das getan, was Erwachsene so tun.

Du ich glaube aber es war ganz witzig. Auch wenn ich zugegeben nicht mehr viel davon weiß.

Irgendwann sind wir runter nach Mazarron gefahren und haben uns in die Schlangenbucht gestellt. Eine Bucht, die wir das letze Mal im November angefahren haben. Dort haben wir neben dem Wetter ein weiteres Argument gegen Spanien im März gefunden: Es war übervoll.

Deshalb tauschten wir zum Wochenende die Bucht, gegen eine, die weniger überfüllt war und trafen auf alte Bekannte. Erica und Georg, mit denen wir schon Silvester gefeiert hatten, kamen dazu und Corrina mit Benny standen schon da, so dass wir auf 8 Kinder und 8 Erwachsene kamen.

Ericas Tochter feierte ihren 10 Geburtstag. Es gab am Strand Spagetti, Torte und Stockbrot. Mehr kann man vom Leben eigentlich nicht erwarten.

Was mir an solchen Spontantreffen so gut gefällt ist, dass man sich immer was zu erzählen hat. Es wird nicht langweilig. Durch das Reisen erleben wir etwas und müssen deshalb nicht immer das eine Thema rausholen, was den meisten eh schon zum Hals raushängt, sondern haben uns auch etwas anderes zu erzählen.

Mittlerweile ist der Sandsturm vorbei und auch unser Aufenthalt in Spanien geht zu Ende, denn heute in einer Woche machen wir uns auf den Weg nach Deutschland. Die Kinder freuen sich zwar, aber meine Frau und ich haben gemischte Gefühle.

Denn mit unserer Einreise nach Deutschland kommt wieder ein Problem auf den Tisch, das wir im Oktober entschärft haben: Die Schulanwesenheitspflicht für unsere Kinder. Dieses Problem lässt sich auf Dauer nur mit einer Abmeldung lösen, aber zuvor müssen wir noch ein paar Dinge erledigen. z.B. einen LKW Führerschein machen und unser neues Haus auf Rädern ausbauen.

Was bei dieser Rückreise auch nervt, sind die Spritpreise. In Spanien ist der Dieselpreis um 0,25€ gestiegen. Bei meiner letzten Tankfüllung vor einer Woche habe ich 1,57€ für den Liter Diesel bezahlt. Diesel in Spanien ist also um 20% teuerer geworden.

In Deutschland ist der Dieselpreis dagegen um 50% gestiegen. Daran kannst du erkennen, dass der Ukraine-Krieg den Ölpreis zwar einwenig nach oben getrieben hat, aber ganz sicher nicht so stark, dass es den Preis von 2,30€ pro Liter in Deutschland rechtfertigen würde. Da macht wohl jemand gerade ein gutes Geschäft mit dem Krieg.

Bei einem Verbrauch von 14 Litern und einer Strecke von 2600km wird das ein kostspieliger Trip für uns. Oder um es mit den Worten von Erich zu sagen:

Alta ich muss immer daran denken, dass ich jede 100km ganze 40€ auf die Straße werfe.

Das tut weh.

Nun ja. Wir genießen die letzte Woche und fangen heute mit einem Essen beim Inder und einem Guiness im Irish Pub an. Du und ich hören uns dann das nächste mal aus Deutschland.

Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.

Hab bis dahin nette Tage

Bis dann.

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Kein Spam. versprochen.

Über diesen Autor gibt es soviel zu sagen, das passt hier alles gar nicht hin. Am Besten kontaktieren und kennenlernen 😉.

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