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#27 – Time to market

SpotBeat Family Podcast
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#27 - Time to market
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Na, hättest du Lust auf einen burbn? Nein, nicht den Whisky, ich meine die App. Die App, die Kevin Systrom 2009 gestartet und drei Jahre später für eine Milliarde Dollar verkauft hat.

Ach, die Geschichte kennst du noch gar nicht? Na dann hör zu…

Willkommen zu der 27. Folge des SpotBeat Familiy Podcasts. Mein Name ist Sergej.

2009 arbeitete Kevin an einer Check-In Anwendung. Über Sinn und Unsinn solcher Apps lässt sich streiten, aber funktionieren sollte das ungefähr so:

Nanu? Eine neue Bar? Da gehe ich doch glatt mal rein. Wow, sieht das toll aus. Und die Getränkeauswahl erst. Das sollte ich gleich mal meinen Freunden erzählen. Wo ist diese burbn Internetseite nochmal? Ach da. So, Check-In Button. Klick. Jo, jetzt wissen alle bescheid.

Hey, habt ihr das mitbekommen? Kevin hat in ne neue Bar eingecheckt und gibt sich da jetzt die Kante. Wir sollten ihn nicht allein trinken lassen. Packt eure Sachen, in 5 Minuten ist Abfahrt…

Auf einer Party im Silicon Valley konnte Kevin zwei Investoren von seiner burbn Anwendung überzeugen und hatte zwei Wochen später $500.000 auf seinem Konto.

Eine Auflage der Investoren war es aber, dass burbn eine App für das iPhone werden sollte. Kevin hatte keinen Plan von Smartphone-Apps und holte Mike ins Boot, der sich an die Programmierung machte.

Als die beiden die ersten $50.000 ausgegeben haben und burbn nicht so richtig zünden wollte, taten sie etwas sehr schlaues. Sie fragten ihre Kunden – also die User ihrer App – um ihre Meinung:

Sagt mal, wenn ihr euch für eine einzige Funktion aus unserer App entscheiden müsstet… welche wäre das?

Die Antwort hat sie vermutlich überrascht. Denn die große Mehrheit der User checkte nicht etwa irgendwo ein, sondern benutzte die App, um Fotos zu machen und sie dann an Freunde zu schicken. Die Kameras der damaligen Smartphones waren nämlich noch recht bescheiden und burbn hatte einige Fotofilter im Angebot, das die Fotos besser und interessanter aussehen lies.

Kevin, der die Idee zu burbn hatte, musste das erstmal verdauen. Aber nachdem er den Schockmoment überwunden hatte, machten Mike und er sich an die Arbeit. Sie schmissen fast alle Funktionen raus, die es gab. Und als sie damit fertig waren konnte man mit der App nur noch Fotos machen, sie kommentieren und mit Freunden teilen.

Und weil die neue App irgendwie gar nichts mehr mit burbn zu tun hatte, bekam sie auch gleich einen neuen Namen. Instagram. Den Rest kennst du, denn Instagram ist vielleicht auch auf deinem Smartphone installiert. Und was ist die Moral von der Geschichte?

Äh, bau ne App und verkauf sie für viel Geld?

Nein Man. Kevin und Mike hätten an ihrer ursprünglichen Idee von burbn festhalten können. Sie hätten sich versteifen und fest daran glauben können, dass sie mit noch mehr Überstunden und noch mehr Werbung die User schon irgendwie überzeugen könnten die App zu nutzen.

Stattdessen haben sie diejenigen um ihre Meinung gefragt, auf die es wirklich ankommt: Ihre Kunden. Und sie waren mutig genug 90% ihrer bisherigen Arbeit in die Tonne zu treten und mit ihrem Startup in eine völlig neue Richtung zu gehen.

Hätten sie das nicht gemacht, wäre die Geschichte vermutlich etwas anders ausgegangen.

Als wir vor ein paar Wochen bei Erich und Ela saßen, erzählte ich, dass wir im Herbst für einige Monate wieder nach Spanien wollen und anschließend unser Haus vermieten werden.

Warum vermietet ihr das Haus nicht schon bevor ihr nach Spanien fährt? Ich meine ein paar Monatsmieten haben oder nicht haben. Das macht doch einen Unterschied.

Meinte Erich. Tja, bei einer so berechtigten Frage muss ich wohl die Hosen runterlassen.

Die Wahrheit ist, das die Vermietung von unserem Haus ein sehr großer Schritt für uns ist. Das hat etwas Endgültiges an sich. Und wir haben Angst diesen Schritt zu gehen. Da schwingt so eine diffuse, kaum greifbare Sorge mit. So als ob man zu einem Obdachlosen wird.

Es macht einen Unterschied, ob dieser Zeitpunkt mit sechs Monaten noch in weiter Ferne liegt oder sich mit nur vier Wochen in praktisch greifbarer Nähe befindet. Sechs Monate lassen uns relaxed die Füße hochlegen und den Fernseher anmachen. Vier Wochen lassen die Schweißperlen die Stirn runter kullern.

Aber es hilft nichts. Unser Ziel, nämlich eine ortsunabhängige Familie zu werden, rückt in greifbare Nähe und wir müssen nur noch einwenig durchhalten.

Apropos Spanien.

Als wir im März zurück nach Deutschland fuhren, war ich mir nicht ganz sicher, ob uns die Maklerin mit dem Grundstück nicht doch übers Ohr gehauen hatte. Der Kauf hatte einen komischen Beigeschmack, was aber auch daran liegen könnte, dass ich zuvor allerlei Schrott über Immobilienkäufe in Spanien im Internet gelesen hatte.

Jetzt, wo das Grundstück offiziell uns gehört, werden wir unser Versprechen Anton und Vica gegenüber einlösen und im Oktober zurückkommen.

Und was hast du für dieses Stück Erde am Arsch der Welt, wo du noch nicht einmal eine Hütte hinstellen darfst, so geplant?

Oh wir haben große Pläne, wie du weißt. Unsere Idee ist es auf diesem Stück Land autarke Stellplätze für Camper zu realisieren. Ich habe mir ein Buch über Autarkie gekauft und es praktisch an einem Tag inhaliert. Ich wollte – zumindest schonmal theoretisch – wissen, wie wir Strom-, Wasser- und Abwasserversorgung dezentral organisieren können und habe jetzt zumindest eine Vorstellung davon.

Da wir für den Ausbau eines Stellplatzes Technik brauchen und ich noch kein Spanisch spreche, dachte ich mir, dass ich – solange ich in Deutschland bin – mir alles besorgen sollte, was ich so brauchen werde.

Wenn es um Geld ausgeben und Affektkäufe geht, befinde ich mich auf der Entwicklungsstufe eines Sechsjährigen. Mit anderen Worten: Ich denke 5 Minuten weit, klicke dann den „Kaufen“ Button und raffe erst Wochen später, dass die Aktion mal wieder überflüssig war.

Dieses Mal – und da bin ich irgendwie stolz drauf – habe ich den „kaufen“ Button nicht geklickt. Ich legte mir Wassertanks, Pumpen und anderes Zeugs bei eBay in den Einkaufswagen, als mir – warum auch immer – die Pointe der Instagram Story langsam dämmerte.

Wir haben doch dieses Land – sinnierte ich vor mir hin – warum also nicht jetzt schon Leute drauf lassen und die ersten Erfahrungen mit Kunden sammeln? Nur sie können uns sagen, was ihnen fehlt und was sie noch brauchen. Vielleicht wollen sie die ganzen tollen Dinge, die wir uns überlegt hatten gar nicht, sondern etwas ganz anderes?

Also klappte ich den Laptop zu und öffnete stattdessen Park4Night. Eine App, die wir selbst sehr oft in Spanien genutzt hatten, um Stellplätze zu finden. Ich erstellte einen neuen privaten Platz, hinterlegte eine Beschreibung, lud Bilder hoch und zahlte 30€, damit wir unsere Kontaktdaten hinterlegen durften.

Zunächst hatte ich 5€ pro Nacht angegeben, aber Anton meinte richtig, dass es nichts kosten sollte, bis wir die ersten Bewertungen gesammelt haben.

Zwei Tage später ging der private Stellplatz online und jeder, der mit seinem Camper in der Nähe von Benidorm einen ruhigen Ort zum übernachten sucht, dürfte sich bei uns hinstellen und die traumhafte Gegend genießen.

Heute, knapp drei Wochen später, kann ich das erste Fazit ziehen:

  • Kein einziger Anruf
  • Keine einzige WhatsApp Nachricht
  • Keine einzige E-Mail

Oh Man, das tut mir echt leid!

Nein, warum? Das ist doch eine super Erkenntnis, die genau zur richtigen Zeit kommt. Viel schlimmer wäre es, wenn wir zuvor hunderte von Arbeitsstunden und tausende von Euros investiert hätten und ein ähnliches Ergebnis bekommen hätten.

Es ist eine gute Ausgangslage, denn es kann ja nur besser werden. Park4Night ist die App, wenn es um Stellplätze für Camper geht. Wenn darüber schon keine einzige Anfrage eingeht, dann stimmt etwas fundamentales nicht und wir müssen zunächst herausfinden was es ist.

Deshalb ist meine ToDo für die kommenden Monate in Spanien entsprechend übersichtlich:

  1. Grundstück in Ordnung bringen
  2. Leckere Fotos machen und Anzeigen optimieren
  3. 100 Kunden gewinnen, Feedback einholen und die nächsten Schritte ableiten

Damit haben wir bis zum Ende des Jahres schon eine Menge zu tun.

Bei unserem Haus war die Resonanz besser als bei dem Grundstück, denn auch das haben wir inseriert.

Dank Erich’s sehr einleuchtendem Argument, wollten wir so schnell wie möglich mit potenziellen Mietern in Kontakt treten. Zwar haben wir keinen Zeitdruck, aber wir wollten üben und wer weiß, vielleicht bereits die perfekten Mieter finden.

Und tatsächlich gingen die letzten zwei Wochen 9 Anfragen ein.

Einige davon haben wir gleich aussortiert. Denn eine Studenten-WG wollen wir hier nicht haben. Lehrer haben zu viel Zeit und schreiben gern Briefe und Emails und Anwälte zahlen erst bei der dritten Mahnung – wenn überhaupt.

Hast du gerade in deiner Voreingenommenheit ganze Berufsgruppen gedisst?

Du, bestimmt sind auch ein paar nette Leute dabei. Aber Bauchgefühl ist Bauchgefühl. Was soll ich machen?

Letzten Samstag waren die ersten Interessenten da und wir haben uns gleich in sie als Mieter verknallt. Wir hatten auf Anhieb einen super Draht zu einander und sie waren begeistert von unserem Haus. Hat eigentlich alles gepasst. Niemals hätten meine Frau und ich gedacht, dass sie abspringen würden. Aber sie sagten ab und wir – wir waren echt geknickt.

Gut ist – und ich vermute mal, dass es mit der Höhe der Miete und der Dorflage zusammenhängt – dass wir bislang nur wenige, aber dafür qualitative Anfragen bekommen haben. Mit qualitativ meine ich Menschen, die sich das Haus leisten können und über gewisse Kenntnisse in der Rechtschreibung verfügen.

Die nächsten zwei Interessenten haben sich für morgen angekündigt und ich bin schon gespannt zu sehen, wer da vor unserer Tür stehen wird. Meine Töchter drehen und schneiden währenddessen ein Promotion-Video für unser Haus. Das Video stellen wir dann online und so sollten sich einige Fragen der Interessenten bereits im Vorfeld erübrigen.

Aber bleiben wir auch realistisch. Bis Oktober sind knapp sechs Wochen geblieben und es sieht nicht so aus als ob wir bis dahin Mieter finden werden, die auch einziehen können. Denn die meisten haben eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Aber auch das ist ok für uns. Wir üben weiter und vermieten das Haus eben sobald wir können.

Was ist noch an Aufgaben geblieben, bis wir uns nach Spanien aufmachen?

Nach wie vor sind wir am Leerräumen. Raum für Raum arbeiten wir uns vor und holen alles aus den Schränken raus, was wir zu greifen bekommen. Der Daily-Job ist es Dinge zu inserieren, zu verkaufen, zu verschenken oder wegzuwerfen. Und tatsächlich: wir sehen ein Ende. Aber es auch wirklich hart.

Der Hamsterradläufer in uns schreit:

Was macht ihr Trottel da?! Das ist doch noch gut. Das hat doch Geld gekostet und ihr werdet das noch brauchen. Behaltet soviel davon ihr könnt.

Doch der Ruf nach Freiheit antwortet:

Ach, halt die Fresse. Schonmal versucht mit 4 Tonnen Gepäck in einen Bus zu steigen und irgendwohin zu fahren? Leute werdet den Mist los, und zwar so schnell es geht und ab auf die Strasse.

Und so folgen wir mit zitternden Knien dem Ruf nach Freiheit und sehnen uns nach dem Ende. Das Ende, das eigentlich ein Anfang ist.

Oh wie melodramatisch und so schön poetisch.

Ja, danke, ich weiß. Das kann ich.

Dann ist da noch die Online-Schule unserer Mädels, die in weniger als drei Wochen beginnt. Wir sind auf jeden Fall gespannt, wie schnell sie da rein kommen werden und wie lange wir – bzw. meine Frau – als Technik-Helferin daneben sitzen muss.

Aber meine Mädels sind jetzt schon so fit mit ihren MacBooks, dass ich mir da überhaupt keine Sorgen machen muss.

Worüber ich mir aber wirklich sorgen mache, ist mein LKW-Führerschein. Der Intensiv-Kurs startet in einer Woche und ich habe die Rückmeldung bekommen, dass mein Antrag auf Führerscheinerweiterung bewilligt wurde. Heißt, der Theorie und Praxisprüfung steht nichts im Weg und nur noch ich kann es verbocken. Es ist also niemand da, auf den ich die Schuld schieben kann.

Das ist übrigens etwas, für das ich keinen Plan-B habe. Wenn ich durchfallen sollte, dann wird die Zeit für eine Wiederholung wirklich knapp.

Und die Chancen dafür stehen gar nicht so schlecht, oder weißt du etwa auf welche Zeit sich das Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen zur entgeltlichen Beförderung von Gütern bei einem LKW mit 18t zulässiger Gesamtmasse erstreckt?

Hä?! Nochmal!

Jaaaaa genau.

So wie ich das sehe, bin ich für heute durch. Wenn wir uns das nächste mal hören, werde ich vermutlich ins Mikro lallen. Entweder weil ich eine Niederlage zu verarbeiten, oder weil ich etwas zu feiern habe.

Drück mir also die Daumen. Wir hören uns.

Bis dann.

Hey, was war nochmal der Grund, warum ich diesen Führerschein mache?

Über diesen Autor gibt es soviel zu sagen, das passt hier alles gar nicht hin. Am Besten kontaktieren und kennenlernen 😉.

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