#6 – Sonne, Meer und Arbeit
Es ist Sonntag, 6:00 morgens. Mein Wecker hat mich aus dem Bett geholt. Ich muss einwenig flüstern und auch leiser in die Tasten hauen, weil der Rest noch schläft. Neben mir steht die Kaffeekanne auf dem Gasherd, mit der ich täglich meine Droge koche. Es ist der siebte Morgen in Folge, den ich auf diese Weise aufstehe, um meine Arbeit zu erledigen. Und es ist der zweite Tag auf einem Stellplatz in der Nähe von Mazarron.
Wie unser Start war, wie es sich hier arbeiten lässt und wie wir die ersten zwei Tage nur auf uns gestellt verbracht haben, das erzähle ich heute.
Willkommen bei der sechsten Folge des SpotBeat Family Podcasts. Mein Name ist Sergej.
Die letzte Woche habe ich einen Vorgeschmack auf unser zukünftiges Leben bekommen. Der Wecker klingelt um 6:00, ich taste mich leiste zu meinen Klamotten und gehe dann kurz raus, um das Gas anzudrehen.
Den drehe ich Nachtsüber nämlich ab, um keine Gasvergiftung zu riskieren. „Schisser!“. Wir haben zwar ein Gerät, das uns warnen könnte, aber das scheint nicht besonders gut zu sein. Als eine meiner Töchter ins Bett kletterte und auf der Leiter direkt neben dem Sensor einen fahren ließ, sprang es kurze Zeit später an. „Ja, genau. Deine Tochter wars“. Ähm, wie auch immer.
Das könnte auch erklären, warum wir die erste Nacht durch einen Gas-Alarm aus dem Bett geholt wurden. Die Fenster sind zu, die Zusammensetzung der Atmosphäre ändert sich mit der Zeit und schon geht das Teil los. Ich suche also noch nach einer besseren Lösung.
Zu meiner Morgenroutiene gehört es so leise wie möglich Kaffee zu kochen. Das gelingt mir bislang nicht besonders gut. Der Kocher selbst ist aus Metall und wenn er kocht klappert der Deckel. Auch der Gasherd ist nicht besonders leise. Ich bin mittlerweile dazu übergegangen den Kocher schon am Vorabend vorzubereiten und dann morgens nur noch anzumachen. Damit erspare ich dem Rest das Geklappere der Schränken.
Aber selbst das muss ich weg-optimieren. Heute werde ich den Kaffee vorkochen und in der Thermoskanne aufbewahren. Morgen früh brauche ich nur noch einzugießen.
Den Montag nach unserer Ankunft in Spanien musste ich unfreiwillig auf der Arbeit schwänzen. Das WLAN Signal unserer Freunde reichte nicht bis zu meinem Arbeitsplatz. Könnte auch daran liegen, dass so ein Wohnmobil eigentlich ein Faradayscher Käfig ist. Also fuhren wir los und erledigten zwei Dinge:
Erstens: Ich habe eine SIM Karte mit 40GB Datenvolumen besorgt. Die kostet hier gerade einmal 20€.
Zweitens: Ich wollte eine spanische Gasflache besorgen. Wir haben zwar eine aus Deutschland dabei, aber die kann hier weder nachgefüllt noch gewechselt werden. Deshalb behalte ich sie als Backup.
Nun ist es so, dass die spanischen Gasflaschen mit deutschen nicht kompatibel sind. Und auch nicht mit den Anschlüssen im Wohnmobil. Aber darüber habe ich bereits in Deutschland gelesen und mir Adapter gekauft.
So eine Gasflasche ist mit einem roten Kunststoffdeckel verplombt. Ich fummelte also den Deckel ab und hab auf Anhieb verstanden, dass ich meinen Adapter wieder einpacken kann. Die Flaschen haben nämlich so einen Stummel. Ein Gewinde gibt es da nicht.
Also machte ich Fotos, ging zurück in den Baumarkt, zeigte das Problem und habe einen Stummel auf Gewinde Adapter mit einem Drehhahn bekommen. Da brauchte ich meinen Adapter wieder. Leider machte die Bauform der Gasflasche es unmöglich den Schlauch anzubringen. Also wieder Fotos gemacht und zurück in den Baumarkt.
Insgesamt war ich fünf mal dort, aber das Problem haben die Spanier gelöst bekommen. Wir kochen jetzt mit Spanischem Gas. „Läuft“.
Auch Internet klappte nicht auf Anhieb. Ich habe in dem Router alle Einstellungen hinterlegt, aber eine Verbindung bekam ich nicht. Erst als ich die SIM Karte in mein Handy steckte, bekam ich eine Verbindung. Und die klappte dann später auch im Router. Warum auch immer.
Mit Internet und Gas ausgestattet fuhren wir zum Strand. Die Sonne knallte, wir hatten 25° und die Kinder waren nicht mehr aus dem Wasser zu bekommen. Und selbst ich, der eigentlich so gut wie nie ins Wasser geht, war im Mittelmeer schwimmen.
Am Dienstag klappte dann auch die Internetverbindung, so dass ich meine Stunden abarbeiten konnte und Nachmittags ging es wieder zum Strand. In diesem Rhythmus – morgens arbeiten – Nachmittags Strand, verflog die Woche.
Am Freitag haben wir erste Ermüdungserscheinungen der Kindern bemerkt. Keiner Wollte mehr zum Strand. Sie wollten lieber zum Pool und basteln. Auch ok. Und auch wir hatten genug. Es kam sogar leichter Stress auf, weil ich unbedingt noch im Hellen auf dem neuen Stellplatz sein wollte, die Wäsche aber noch nicht trocken und die Klamotten nicht eingeräumt waren. Außerdem wollte meine Frau beim Hausputz helfen, weil auch unsere Freunde abreisten.
Aber eine Frage blieb: Wohin eigentlich?
Da wir gar keine Erfahrung haben, wollte wir nicht gleich ins ganz kalte Wasser springen, sondern eher ein Stellplatz anfahren, der einigermaßen komfortabel ist. Mir wurde die App Park4Night empfohlen und ich peilte die Gegend 100km südlich von uns an. Da fand ich einen, der in den Bewertungen selbst von Deutschen so hochgelobt wurde, dass er mir der richtige zu sein schien: „Área Cámper Mazarrón“. Oder wie auch immer der Spanier das ausspricht.
Dort angekommen staunte ich nicht schlecht. Von 147 Plätzen waren nur drei noch frei. Wir wollten eigentlich eine Nacht bezahlen und dann am nächsten Tag verlängern, wenn es uns gefällt. Aber an der Rezeption empfahl man uns für eine Woche zu reservieren und dann ggf. früher abzureisen. Denn die Nachfrage wäre groß und bezahlen muss man eh erst bei Abreise.
Ok, also hin zum Stellplatz und geparkt. An jedem Platz gibt es einen Wasseranschluss und einen Schacht, in den man das Grauwasser entsorgen kann. Dann stehen da noch ein paar Palmen und alles ist auffallend sauber.
Wir wollten uns einen Überblick verschaffen und nach den ersten Metern waren zwei Dinge glas klar: „Alter, du bist soooo arm!“ und „Wir sind zurück in Deutschland“.
Hier stehen Kisten, die sind mehr Wert als mein Haus. Und das ist eher die Regel als die Ausnahme. Ab und an sieht man so arme Menschen wie uns mit einem Anhänger oder auch so einem Alkoven. Aber die große Mehrheit fährt Wohnmobile die einen sechs-stelligen Wert haben. Wobei es auch da Unterschiede gibt.
Fünf Plätze weiter steht ein Bus auf dem mit fetten Lettern „Centurion“ verkündet wird. Ein Wohnmobil, das es in vielen unterschiedlichen Varianten gibt und dessen Basispreis zwischen 360.000€ und 740.000€ liegt.
Neidisch bin ich nicht, aber ich muss zugeben, dass mich das anspornt und motiviert. Und eine kleine Sache, die wohlhabenden Menschen nachgesagt wird, bestätigt sich hier auch: Zu Wohlstand kommen die Sparsamen und nicht diejenigen, die ihr Geld verschwenden.
Denn dieser Stellplatz ist mit 12€ die Nacht einer der günstigsten.
Die sanitären Anlagen wie Toiletten und Duschen sind spitze. Es gibt Bereiche, in denen das Geschirr gewaschen werden kann. Selbst einen Pool gibt es. Den haben die Kids gestern natürlich gleich ausprobiert. Es gibt WLAN, alles ist super sauber und bewacht ist es auch.
An den Kennzeichen sieht man, dass 90% der Fahrzeuge aus Deutschland kommen und der Altersdurchschnitt beträgt ca. 100. Oder wie mein holländischer Nachbar in perfektem Deutsch zu mir sagte: „Ihr habt den Altersdurchschnitt hier aber deutlich gesenkt.“
Leider gibt es hier kaum Kinder. Und genau aus diesem Grund werden wir nicht länger als eine Woche bleiben und weiter auf die Suche nach Familien gehen.
Wir wollen Spanien erleben und nicht little Germany und sprangen deshalb gestern auf die Fahrräder. Wir radelten Berg hoch und Berg runter in die Nachbarstadt. Die Kinder mussten strampeln und das schmeckte ihnen gar nicht. Sie wollten lieber an den Pool und am Tablet abhängen oder Fernsehen gucken.
Wie wir sie für Ausflüge dieser Art begeistern können ist noch ein Rätsel, das meine Frau und ich lösen müssen. Denn im Moment macht sich eine Art Reisemüdigkeit bemerkbar. Und richtig gereist sind wir ja noch nicht.
Heute ist Halloween und Abends wird es wohl etwas für die paar Kinder hier auf dem Platz geben. Ab morgen ist bis Freitag arbeiten angesagt und dann kommt der nächste Location-Wechsel. Es geht weiter Richtung Süden.
Wohin genau, das erfährst du wie immer hier im Podcast. Wir hören uns.
Bis dann.
Neue Folgen? Kein Problem.
Bleib mit dem Telegram SpotBeatPodcastChannel auf dem Laufenden oder lass dich per E-Mail über neue Folgen informieren.
Sergej
Über diesen Autor gibt es soviel zu sagen, das passt hier alles gar nicht hin. Am Besten kontaktieren und kennenlernen 😉.